steinkreuz eschborn original bonifatiuskreuz kopie h. franke kopie lit. w. brockpaehler 1963

Eschborn, Main-Taunus-Kreis, Städtisches Museum, Eschenplatz 1, Steinkreuz-Original, ‘Bonifatiuskreuz’

Maße: Höhe 1,28 m, Br. 0,51, T.  0,23, das Steinkreuz aus braunem Basalt mit hohem Schaft und gedrungenen Kreuzstand ist hinsichtlich seines Alters und Bedeutung in Fachkreisen umstritten, auch wird es in der Fachliteratur, z.B. der Steinkreuzforscher Heinrich Riebeling, Hessen und Wilhelm Brockpähler, Westfalen unterschiedlich interpretiert, s.u.; im Güterverzeichnis des Ritter Rudolf von Sachsenhausen, Reichsschultheiß von Frankfurt a. Main, im Jahre 1339, wird erstmals das Steinkreuz zusammen mit weiteren Denkmalen als Flurdenkmalgruppe ‘Bei den Cruzengen Eschborn’ erwähnt; darin werden Lage und Anzahl seiner Äcker der Sossenheimer Flur behandelt, denen die Denkmalgruppe als Bezugspunkt diente, ein Aspekt, der die Annahme eines weitaus höheren Alters der Gruppe zulässt, wobei die Aufzeichnungen keine Hinweise geben, ob es sich nur um Steinkreuze handelte und wieviele es waren; 1513 findet sich im Güterverzeichnis einer Klara von Helmstedt, die Witwe des Kronberger Ritters Johann VII., der Eintrag ‘ij morgen bey den Sossenheymer creutzgen in der Eschborner Flur’; aus einer Katasterkarte des Jahres 1869 der Eschborner Gemarkung geht der Flurname ‘an den drei Steinen hervor’; dieser ursprüngliche Standort bestand bis zum 17. 11. 1933 und wird heute von der Autobahn Frankfurt-Wiesbaden bedeckt, wie folgt angegeben: nahe der Kreuzung der sog. Elisabethenstraße, mit der Landstraße Eschborn-Sossenheim, wo der Breitenlocher Weg die ‘Zeil’ kreuzt; die Bez. ‘Elisabethenstraße’, stammt aus dem 19. Jh., sie diente als eine Art Wallfahrtsweg von Mainz nach Marburg zum Grabe der Heiligen Elisabeth; frühere Namen waren ‘Steinerne- und Hohe Straße’; ihr Ursprung geht jedoch bis in römische Zeit zurück - eine zwischen Rhein und Wetterau angelegte Militärstraße, die den rechtsrhein. römischen Brückenkopf Mainz-Kastel mit dem Verwaltungsbezirk Civitas Taunensium samt dem Hauptort Nida im Taunus verband, eine fast schnurgerade Trasse, an der wichtige Stützpunkte, wie z.B. das Kastel Heddernheim lagen; bereits im Frankenreich verlor die alte Straße an Bedeutung, später, im ausgehenden Mittelalter wird sie in Eschborner Güterverzeichnissen mit ‘Zeil’ bezeichnet; der Ort Breitenloch ist schon seit langer Zeit Wüstung, s. Kopie einer Skizze von H. Franke

kopie standort skizze h. franke

die Denkmalgruppe an der Elisabethenstraße wurde im Volksmund Franzosensteine oder Schwedensteine genannt, sie bestand aus dem mittig stehenden Kreuz, rechts daneben eine Steinstele mit Nische und eingeritzter Jahreszahl 1513, sicher der Rest eines Bildstockes und links ein Steinstumpf, der vermutlich ein Steinkreuz war; das Steinkreuz trägt etwa im Kreuzungsfeld eingeritzte Darstellungen, s.u.; im Zuge des Autobahnbaues verbrachte man das Kreuz in das Historische Museum der Stadt Frankfurt a. Main; hier zerbrach es während der Bombenangriffe 1944 in mehrere Teile und wurde 1956 wieder zusammengesetzt; seit einigen Jahren befindet sich das Denkmal im Städtischen Museum Eschborn; die beiden anderen Objekte sind seit Kriegsende verschollen

Deutung als Bonifatiuskreuz: nach dem Märtyrertode des christlichen Glaubensboten *Bonifatius bei Dokkum, Friesland, im Jahre 754 wurde sein Leichnam hauptsächlich zu Schiff über Utrecht nach Mainz gebracht; von hier in mehreren Tagesreisen in das Kloster Fulda, der auserwählten Begräbnisstätte des Heiligen; überall wo der Leichenzug rastete oder übernachtete sollen Steinkreuze gesetzt worden sein; eine andere Gruppe von Bonifatiuskreuzen finden sich im gesamten mittel- und norddeutschen Raum, sie sollen angeblich die Plätze und Orte bezeichnen, wo der Heilige auf seinen Reisen predigte oder taufte, doch werden heute manche dieser Angaben bezweifelt, weil wirkliche Besuche des Heiligen oft nicht nachweisbar sind und gerne als besonderes Privileg vorgegeben wurden, im Sinne von Reminiszenz; der genaue Weg des Leichenzuges ist nicht nachweisbar, doch höchstwahrscheinlich bot sich oben genannte Altstraße dafür an im Juli 754 die sterblichen Überreste des Heiligen, unter großer Anteilnahme der ansässigen Bevölkerung, nach Fulda zu geleiten; zur Erinnerung an dieses Ereignis werden am Wege die Bonifatiuskapelle zu Hofheim-Kriftel, sowie die Bonifatiusquelle von Kalbach genannt, wobei letztere entsprungen sein soll, als der Sarg hier abgestellt wurde; die Deutung des Steinkreuzes als Bonifatiuskreuz erfolgte im Jahre 1930, vorher nie, durch den Eschborner Maler und Heimatforscher Hanny Franke, der die Denkmalgruppe 1919 zum ersten Mal besuchte und im Laufe der Zeit zahlreiche Gemälde und Fotografien schuf, s.u.; sicher inspiriert vor jenem großen historischen Hintergrund deutete er erstmalig die eingeritzten Zeichen als merowingische Schriftzeichen wie folgt: ‘B B q’ = Beatus  Bonifatius quievit-der selige Bonifatius ruhte hier

kopie h. franke blick von sueden kopie h. franke blick von norden

als er mit seiner Erkenntnis an eine renommierte, regionale Tageszeitung zur Veröffentlichung herantrat, wurde er, nach deren Rücksprache mit Fachleuten, abgewiesen, doch damit war die Deutung als ‘Bonifatiuskreuz’ geboren; nur vier Jahre später gab ein gewisser Dr. B. aus sachverständ. Kreisen seine Version des Sachverhaltes wieder, indem er B B q in H B q umdeutete: Hic Bonifacius quievit = Hier ruhte Bonifatius; H. Franke blieb bis zu seinem Tode 1973, nach schwerer Krankheit, seiner Version treu; als nach dem Kriege das Historische Museum Frankfurt, durch den Verlust großer Aktenbestände, keine Angaben über die Übernahme des Steinkreuzes machen konnte, gab der damalige Stadtarchivar namens Gerhard Raiß den Hinweis: ‘nach Aussage der Familie Franke erfolgte die Sicherstellung und Verbringung des alten Steinkreuzes auf Veranlassung von Hanny Franke’

der Steinkreuzforscher W. Brockpähler, Münster, erwähnt das Eschborner Steinkreuz als Bonifatiuskreuz, er schreibt in seinem Buch Steinkreuze und Kreuzsteine in Westfalen, 1963: ‘es gilt auf Grund seiner merowingischen Schriftzeichen als bisher einziges erwiesenes Bonifatiuskreuz’

Deutung als Sühnekreuz: der Steinkreuzforscher Heinrich Riebeling, Frankfurt a. Main, spricht das Denkmal als Sühnekreuz an und schreibt in: Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, 1977, S. 165 (Kriftel, Bonifatiuskreuz) ‘über den Aufstellungsgrund für die erst in jüngster Zeit benannten Bonifatiuskreuze konnte bislang nichts bewiesen und belegt werden. Aus weiträumigen Vergleichen gewonnene Erkenntnisse und Folgerungen erhärten jedoch die Ansicht, daß auch diese Steinkreuze den Sühne- und Erinnerungsmalen zugeordnet werden können’; zusätzlich, nach eindringl.  Studium der Gegebenheiten, verfasste er eine Abhandlung unter dem Namen ‘Die Legende vom Bonifatiuskreuz’, in der er entschieden die Bonifatiuskreuz-Theorie ablehnt und einige kritische Fragen stellt: ‘1. Warum soll nur an diesem Platz einer Mittagsrast des Leichenzuges ein steinernes Erinnerungsmal in Form eines solchen Kreuzes aufgestellt worden sein ? 2. Warum gibt es vor allem im Fuldaer Land, das als eines der reichsten und verlustärmsten Steinkreuzgebiete Hessens bekannt ist und zudem Bonifatius Wahlheimat war, kein einziges Bonifatiuskreuz ? 3.Warum standen neben dem Steinkreuz noch weitere andersartige Flurdenkmäler ? 4. Warum stehen die als merowingische Buchstaben gedeuteten Ritzzeichnungen im Schriftbild nicht geordnet neben- oder auch übereinander, da es die Platzverhältnisse doch zulassen ? Selbst bei nur empirischer Betrachtung der Problematik sollten die Antworten unschwer zu finden sein’

H. Riebeling deutete ein Sühnekreuz des 15. Jh., keinesfalls bezüglich der Form und Abmessung aus dem 8. Jh., mit eingeritzten Darstellungen eines Pflugsech und kettengliederartigen Gebilden; doch über allen Fragen und Vermutungen erhebt sich eine denkwürdige, bedrückende Tatsache; das nahezu tausend Jahre alte Flurmal ‘zu den crutzen’ wenn auch im Laufe der Jahrhunderte verändert, ist unwiederbringlich verlorengegangen - nie mehr wird die Lerche von den Kreuzarmen an der Elisabethenstraße den Frühling verkünden... (eine Zuwendung neuerer Forschung wäre wünschenswert, Verf.)

detail darstellung
standort museum eschborn

s.o. Detailaufnahme der Darstellung im Kreuzungsfeld, links vermutlich Pflugsech oder Messer, rechts Kettenglieder ähnliche Zeichen; Standort im Städt. Museum Eschborn

Quellangaben: Lit.: 1. Heinrich Riebeling, Steinkreuze und Kreuzsteine in Hessen, Dossenheim/Heidelberg 1977, S. 158 (unter Frankfurt, Historisches Museum, aufgeführt) u. S. 165 (Kriftel, Bonifatiuskreuz) 2. H. Riebeling, Die Legende vom Bonifatiuskreuz, 3. Wilhelm Brockpähler, Steinkreuze und Kreuzsteine in Westfalen, 1963, S. 145-146 (Bonifatiuskreuze) 4. Städtisches Museum Eschborn, Kopien nach Gemälden u. Skizzen von Hanny Franke, 5. Barbara Bott-Ludwig Baron Döry, Die Steindenkmäler im histor. Museum Frankfurt a. M., 1956, S. 36, 6. Heinz F. Friedrichs, Das Bonifatiuskreuz an der Elisabethenstraße, 1975, H. 19, S. 23, 7. W. Gerteis, Das unbekannte Frankfurt, o.J., S. 79-81, 8. W. Görlich, Zur Heimführung des Bonifatius vor 1200 Jahren, 1955, S. 68, 9. W. Kramer, Frankfurt a. Main, 1964, S. 59, 10. M. Liebig, Der Zug des toten Bonifatius durch die Wetterau, 1974, S. 233, 11. Müller-Dr. K. Theodor Christian, Ein Bonifatiuskreuz an der Elisabethenstraße, 1933, S. 81

*Winfried Bonifatius soll angeblich um das Jahr 673 in Crediton, Königreich Wessex, England geboren worden sein, als noch keine fünfzig Jahre vergangen waren des Einzuges des Christentums durch römische Benediktiner in England. Der junge Bonifatius sah Wanderprediger und war sehr angetan von König Kentwin, der 685 seine Krone ablegte, um in ein Kloster einzutreten. Nach den Stationen der Klöster Exeter und Nutshalling (Nutshelle) empfing der reich begabte Bonifatius im Alter von 30 Jahren die Priesterweihe, 716 erste Missionsreise nach Friesland, 719-721 Taufe in Rom auf den Namen Bonifatius durch Papst Gregor II. verbunden mit dem Auftrag zur Mission in Germanien - er predigt in Bayern, Hessen, Thüringen und in Friesland, 722 Weihe durch Papst G. II. zum Missionsbischof ohne festen Bischofssitz, 723 Bonifatius lässt im Beisein zahlreicher Chatten die Donareiche zu Geisheim, Fritzlar, fällen, eines der wichtigsten germanischen Heiligtümer zu Ehren der Gottheit Donar, 724 Gründung der Bonifatiuskirche und Kloster St. Peter in Fritzlar, Einsetzung Wigbert zum Abt, 732 Weihe durch Papst Gregor III. zum Erzbischof des östlichen Frankenreiches, 738 Ernennung des B. zum päpstlichen Legaten des gesamten Frankenreiches, 739 Stiftung der Bistümer Regensburg, Freising, Passau und Salzburg, 741 Einrichtung durch B. von Würzburg, Eichstätt und Erfurt zu Bischofssitzen, 744 sein Schüler Sturmius, Benediktinermönch, gründet das Kloster Fulda, 746 B. wird Bischof von Mainz und 753 Abdankung, 754 Frühjahr, erneute Missionsreise nach Friesland, B. wird Bischof von Utrecht, 5. Juni 754 Bonifatius und seine 50 Begleiter werden nahe Dokkum, bei Leeuwarden, Nord- Niederlande, von einer heidnischen Raubhorde erschlagen

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