standort ortsausgang nach mellrichstadt
rundsaulenbildstock v. 1611

Stockheim, Lkr. Rhön-Grabfeld, südöstl. Ortsausgang nach Mellrichstadt, Grünanlage unter alten Linden zwischen der ‘Mellrichstädter Straße’ (B 285, Ostseite) und der Bahnlinie, ‘Sichelkreuz’ und ‘Schwedenkreuz’ und ein Bildstock von 1611

steinkreuz stockheim andere seite kopie lit. g. schaetzlein 1985 sichelkreuz

A: ‘Sichelkreuz’, Obertägige Maße: Höhe 0,82 m, (Br. 0,54, Arml. 0,30), T. 0,20, das nur noch einarmige Steinkreuz einst lat. Form aus Sandstein stand bis 1978 ca. 500 m nach dem Ortsende rechts an der Straße nach Willmars, direkt unterhalb des Wasserhochbehälters der Gde. Stockheim; es zeigt auf dem verbliebenen Arm bis in das Kreuzungsfeld hinein die Darstellung einer angeblichen Sichel (Lit. G. Schätzlein) im Flachrelief (Länge 35 cm), doch könnte es sich auch um eine sog. Heppe, Häbe, Knipp, Säsle, Rebmesser oder Gertel handeln (regionale Bezeichnungen, Verf.):

 - ein Werkzeug, das je nach Größe und Ausführung zu unterschiedlichen Arbeiten in der Land- und Waldwirtschaft, im Wein- und im Gartenbau verwendet wird. Typisch ist die sichelförmig geschwungene Klinge mit einer mehr oder weniger nach unten gebogenen Spitze. Unter Beibehaltung dieser Grundform haben sich je nach Region und Verwendungsart im Laufe der Jahrhunderte die unterschiedlichsten Varianten entwickelt. Hippenförmige Werkzeuge sind in vielen Ländern Europas seit der Römerzeit bekannt und teilweise, etwa in der Waldwirtschaft und im Gartenbau, bis heute gebräuchlich. In manchen Regionen haben Hippen bis heute eine kulturelle Bedeutung, so in England, wo die Faszination der billhooks in besonderen Vereinigungen gepflegt wird. Hippenförmige Werkzeuge wurden früher kunstvoll verziert, etwa das Knipp im Siegerland oder die Griffe von Rebmessern in der Pfalz. Die kulturhistorische Bedeutung von Hippen wird noch heute durch zahlreiche Gemeindewappen mit Rebmessern belegt. (Textkopie wikipedia.org-wiki-Hippe (Werkzeug)

freilich würde diese Erweiterung der Darstellungsinterpretation auch den Spielraum für die ursprüngliche Involvenz vergrößern - die volkstümliche Sage jedoch entwickelte sich hier im Erkennen einer Sichel, die brieflich von Karl Hahn, Neu-Isenburg, an Autor G. Schätzlein übermittelt wurde: im Streite um das Gras (am einstigen Standort), das zwei Frauen aus Stockheim mähen wollten, erschlugen sie sich gegenseitig (Wandersage, oft zu hören bei vergleichbaren Darstellungen, Verf.)

nach anderer Version waren hier zwei Stockheimer Mädchen, sogar Schwestern, bei der Getreideernte und erzählten sich mit wem sie am Wochenende zum Tanze gehen wollten; dabei stellte sich heraus, dass beide mit dem selben Eußenhäuser Burschen verabredet waren; schnell gerieten sie aus Eifersucht in einen heftigen Streit, in dessen Verlauf sie mit ihren Sicheln solange aufeinander einschlugen, bis beide tot zu Boden sanken (Verf. frei nach Lit. G. Schätzlein, 1985)

Quellangaben: Lit.: 1. Gerhard Schätzlein, Steinkreuze und Kreuzsteine im Landkreis Rhön-Grabfeld, Mellrichstadt 1985, S. 104-105, Katalog-Nr. 5527.6 m. Abb. (Kopie), daraus: 2. G. Schätzlein, in: Rhönwacht, 1974, S. 3 u. 4, 3. Michael Müller, Das Landkapitel Mellrichstadt, Würzburg 1899, S. 324 f. (Nachdruck 1981);  4. Jürgen Reinhardt, Steinkreuze und Kreuzsteine der Rhön, Fulda 1999, S. 134, Nr. 5527.7 m. Abb. 

Internet: 1. ...wikipedia.org-wiki-Liste der Baudenkmäler in Stockheim: Nähe Mellrichstädter Straße; Ortsausgang nach Mellrichstadt, Zwei Steinkreuze, Sandstein, 17. Jh. Nr. D-6-73-170-16

steinkreuz stockheim andere seite
detail draufsicht

Stockheim B: gleicher Standort wie Steinkreuz A, ‘Schwedenkreuz’

Obertägige Maße: Höhe 0,78 m, Br. 0,75, T. 0,25, das tief stehende Steinkreuz lat. Form aus Sandstein zeigte wohl gesamtheitlich Kantenfasung, die heute nur noch an den Armunterseiten und am Schaft erkennbar ist (got. Zierelement), Armoberseiten erscheinen abgeschliffen, vermutlich durch standortbedingtes Abziehen mittelalterlicher Hieb- und Stichwaffen, s. Einf.; im Kreuzungsfeld ein eingetieftes gleicharmiges Tatzenkreuz (Malteserkreuzform, 20 cm); auf dem Scheitel und westl. Armoberseite je lochartige Vertiefung, die als Abriebsmale deutbar sind (Verf.); das Kreuz dürfte laut den Überlieferungen am ursprünglichen Standort stehen, wobei nach Lit. Ch. L. Wucke, 1891, hier noch weitere 4-5 Steinkreuze standen (Verf.)

‘Von den alten Steinkreuzen bei Stockheim:                                                                                                                                                                                                                                                                                       Eine kleine Stunde nordwestlich von Mellrichstadt liegt das freundliche Pfarrdorf Stockheim. Ungefähr einen Büchsenschuß von demselben steht rechts, etwas vom Wege abseits, ein aufgefrischter Bildstock; etwa 20 Schritte hinter diesem erblickt man noch auf einem kleinen Hügel neben dem Waldwege fünf bis sechs verwitterte, zum Teil schon umgefallene Kreuze dicht beieinander ... (vor 1864)’ (Textkopie Lit. G. Schätzlein, 1985, nach Lit. Wucke: Sagen Nr. 778)

Wucke überliefert weiter (frei übernommen): Stockheim litt arg im Dreißigjährigen Krieg durch die Drangsale der ständig wechselnden Besatzer; zunächst traten die Einwohner mit dem Einzug der Schweden in den protestantisch Lutherischen Glauben über, dann besetzten die Kaiserlichen den Ort und hielten ‘Strafgericht’, worauf auch sie wieder abzogen und den alten katholischen Glauben hinterließen; lange Zeit geschah nichts und plötzlich rückte wieder ein schwedisches Corp gegen das Dorf heran; als die Stockheimer Ratsherren davon erfuhren rafften sie viel Geld und Pretiosen zusammen und zogen mit ihren Geistlichen dem sich voller Ingrimm nähernden schwedischen General entgegen; als sie vor dem Dorfe auf die Schweden trafen überreichten sie die Geschenke nebst den Schlüsseln zum Orte und baten fußfällig um Verschonung und Gnade; der General hörte sie an und hielt ihnen in harten Worten ihre Umkehr zum katholischen Glauben vor, worauf er den Befehl gab allen gleich an Ort und Stelle die Köpfe abzuschlagen und in einem Loch zu verscharren, zur Warnung für andere, was auch geschah; nach Abzug der Schweden setzte man auf der Grabstelle die Kreuze (Verf.)    

der geschichtliche Kern dieser Legende wird in der Lit. von M. Müller, 1899, untermauert:

‘Im Schwedenkriege hatte Stockheim viel zu leiden; 1632 (?), Freitag vor Michelis, rückten die Schweden gegen das Dorf an; die um Schonung flehenden Ortsräthe wurden niedergehauen, dem Ort 1000 fl. Brandschatzung auferlegt und solches noch ganz ausgeplündert’

über die verschwundenen Stockheimer Steinkreuze, teilweise schon vor 1900, gibt es, außer bei Wucke, keine weiteren Hinweise; es könnte sein, dass sie beim Bau der Bahnlinie als Füllmaterial verwendet wurden (Verf.)

kopie lit. g. schaetzlein 1985 schwedenkreuz
kopie lit. j. reinhardt 1999 schwedenkreuz

Quellangaben: Lit.: 1. G. Schätzlein, 1985 s.o., S. 104-109, Katalog-Nr. 5527.7 m. Abb. (Kopie) u. 5527.8-12 (verschw.), daraus: 2. M. Müller, 1899 s.o., S. 324, 3. Ch. L. Wucke, Sagen der mittleren Werra, der angrenzenden Abhänge des Thüringer Waldes, der Vorder- und der Hohen Rhön, sowie aus dem Gebiet der fränkischen Saale, Eisenach 1891; 4. J. Reinhardt, 1999 s.o., S. 135, Nr. 5527.8 m. Abb. (Kopie), Internet: s.o.

c.2018 www.kreuzstein.eu