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Veitsbronn, Lkr. Fürth,  im Ortskern,  'Am Dorfplatz',  im nördl. Teil des Dorfplatzes,  sog. 'Totenraststein' (ein zweiter an der 'Tuchenbacher Str.' Abzweig Schützenheim)

Maße: (aktuell nicht bekannt), rechteckige quaderförmige Sandsteinplatte mit linear eingetieften Darstellungen von *Pflugteilen, wie Pflugschar und Pflugsech, links und rechts eines lat. Kreuzes, an einer der äußeren Schmalseiten und Schriftzug *’W. Schultheis v. Retzelfembach’ auf einer Langseite (Verf.); im Zuge der Neugestaltung des Dorfplatzes um 2022 geringfügig in den nördl. Teil versetzt, früher an der Kreuzung Puschendorfer- / Siegelsdorfer Straße  (Ang. von Kreisheimatpfleger Dr. T. Liebert)

Nach der örtlichen Überlieferung, wie der Name schon sagt, sollen früher die Leichenzüge am Standort des Steines gerastet haben, indem der Sarg auf dem Stein abgestellt wurde, bevor der beschwerliche Aufstieg zum Friedhof begann. Diese Funktion des Steines kann durchaus für das 18.-19. Jh. in einer Art Zweitverwendung real gewesen sein, doch für die wirkliche Ursprünglichkeit des Steines sprechen die darauf befindlichen Darstellungen eine eindeutige Sprache, die jedoch in der regionalen Literatur zwar Erwähnung aber keine Deutung finden. Die außergewöhnliche Besonderheit des Steines besteht darin, dass derartige Darstellungen hauptsächlich bei Flurdenkmalen wie Steinkreuzen oder Kreuzsteinen vorkommen (Verf.)

*Pflugteile wie Pflugschar, Pflugsech und Pflugreute sind bäuerliche Berufs- und Standeszeichen, die z.B. schon in der Heidelberger Bilderhandschrift des Sachsenspiegels zu sehen sind (um 1300). Derartige Darstellungen kommen ab der Spätgotik auf Kreuzsteinen und Steinkreuzen vor, aber auch als Haus- und Hofzeichen an Gebäuden, auf Grenzsteinen eines Bauernwaldes, auf sog. Bauernsiegeln und auf Gebets- und Grabsteinen von Bauern und auch von Schmieden. Weil das Sühnebrauchtum (Verträge) erst ab dem 14. Jh. einsetzte, müssen solche Darstellungen zwangsläufig ursprünglich eine andere Bedeutung besessen haben. Zu dieser Promblematik ist aufklärend anzufügen, daß z.B. diese Darstellungen ab dem 12. Jh. auf Zentgerichtskreuzen an den Zentstühlen der hochstift-würzburgischen Zenten (Karlsberg, Donnersdorf, Eltmann) auftreten und von daher mit Gerichtsbarkeit zusammenhängen müssen. Da Zentgerichte bekanntlich Schöffengerichte waren, kann davon ausgegangen werden, dass Darstellungen von Pflugteilen Zeichen bäuerlicher Schöffen sind. Der Totenraststein kann mit großer Wahrscheinlichkeit ursprünglich die Tischplatte eines *steinernen Gerichtstisches der örtlichen Gerichtsbarkeit gewesen sein, die früher im Freien tagte, dessen Teilnehmer bäuerliche Schöffen waren, das lat. Kreuz bezeichnend für den dazugehörenden Gerichtsfriede (Verf.) 

*W. Schultheis v. Retzelfembach (Richter)
Die Theorie einer Gerichtsstätte mit Steintisch wird sogar durch den Schriftzug 'W. Schultheis v. Retzelfembach'  untermauert, denn 'Schultheis' ist hier keine Name, sondern eine Amtsperson evtl. ein Richter, die vielleicht im Ortsteil Retzelfembach ansässig war (Verf.)

Schultheiß
Der Schultheiß, auch Schultheiss, Schultheis, Schuldheiß, Schuldheiss oder Schuldheis (von althochdeutsch sculdheizo ‚Leistung Befehlender‘, vgl. mittelniederdeutsch schult(h)ēte, latinisiert (mittellat.) sculte(t)us, schwäbisch heute noch Schultes für 'Bürgermeister') bezeichnet einen in vielen westgermanischen Rechtsordnungen vorgesehenen Beamten, der Schuld heischt: Er hatte im Auftrag seines Herrn (Landesherrn, Stadtherrn, Grundherrn) die Mitglieder einer Gemeinde zur Leistung ihrer Schuldigkeit anzuhalten, also Abgaben einzuziehen oder für das Beachten anderer Verpflichtungen Sorge zu tragen. Sprachliche Varianten des Schultheißen sind Schulte, Schultes oder Schulze. Früher wurde zwischen dem Stadtschulzen und dem Dorfschulzen unterschieden. In der städtischen Gerichts- und Gemeindeverfassung war er ein vom städtischen Rat oder vom Landesherren Beauftragter zur Ausübung der Verwaltungshoheit und Rechtspflege. Der Schultheiß war meist auch Richter der niederen Gerichtsbarkeit. Im friesischen und fränkischen Recht war er ein Hilfsbeamter der Grafen, betraut mit der Einziehung von Geldern und der Vollstreckung von Urteilen, meist auch Hundertschaftsführer. Gleichartige oder ähnliche Amtsstellungen waren Amtmann, Dorfrichter, Erbrichter, Fronbote, Gerichtskretscham, Greve, Meier, Schiedsmann, Vikar, Villicus, Vogt, Woith (in alphabetischer, nicht zeitlicher Reihenfolge) (wikipedia.orgwiki-Schultheiß)

Veitsbronn Geschichte
Der Ort wurde ca. 1350 als „Prunn“ erstmals urkundlich erwähnt, wenig später „Vites prunne“ zur besseren Unterscheidung von Orten gleichen Namens (Brunn (Emskirchen), Brunn (Nürnberg)). Das Bestimmungswort des Ortsnamens ist der Heilige Veit, der zugleich Patron der Dorfkirche war. Das Grundwort ist das mittelhochdeutsche Wort „brunne“ (= Brunnen, Quelle), womit wohl ein linker Nebenfluss der Zenn gemeint war. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts gab es in Veitsbronn 25 Anwesen (5 Höfe, 14 Güter, 4 Häuser, 2 Mühlen). Das Hochgericht und die Dorf- und Gemeindeherrschaft übte das brandenburg-ansbachische Stadtvogteiamt Langenzenn aus. Alle Anwesen hatten das brandenburg-ansbachische Kastenamt Cadolzburg als Grundherrn (wikipedia.org-wiki-Veitsbronn-Geschichte)

*Steinerner Tisch
Ein Steinerner Tisch dient der Verortung und Vermarkung eines Gerichts- und Verhandlungsortes in der Landschaft. Er ist somit als Symbol für eine Gerichtshoheit anzusehen. Steinerne Tische dienen auch als Ruhe- und Rastplätze. Aus Thüringen sind zahlreiche Steinerne Tische bekannt. Häufig sind sie auch mit Sitzbänken versehen. Als historische Orte werden sie häufig von Vereinen und Kommunen gepflegt; z.B. Steinerner Tisch unter den Mallinden bei Niederdorla, TH; Steinbänke mit Tisch-Platte auf dem Gutshof Nienfeld im Süntel, NI; Steinerner Tisch auf dem Anger von Bickenriede, Th; Steinerner Tisch, eine alte Gerichtsstätte bei Bretzfeld-Dimbach, BW (wikipedia.org-wiki-Steinerner-Tisch)

Quellangaben: Lit.: 1. Stephan Altensleben, Rätselhafte Steinkreuze - Die Entdeckung ihrer wahren Bedeutung, Langenweißbach 2023, Internet: 1. wikipedia.org-wiki-Liste der Baudenkmäler in Veitsbronn: Tuchenbacher Straße Totenraststein, Profilierte Sandsteinplatte auf Steinsockel, wohl mittelalterlich, D-5-73-130-3 m. Foto alter Standort v. 30.9.2017 (Kopie), Urheber: 'Hans-Jürgen-Neubert' (Eig. Werk) Liz.-Nr. CC BY 4.0, 2. fuerthwiki.de-wiki-Flurdenkmale-im-Landkreis-Fürth-(Buch)29.pdf: Helmut Mahr, Flurdenkmale im Landkreis Fürth, Heft 1, S. 45, 1975 m. Skizze Totenraststein (Kopie) und Beschreibung: Der einzige noch erhaltene Totenraststein weit und breit steht in Veitsbronn. Auf der Stirnseite der Platte sind Sech (Steinkreuz), ein Kreuz oder Hammer und eine Pflugschar erkennbar. Die bereits stark verwitterte Schrift auf der Langseite lautete: W. Schultheís v. Retzelfembach. Wahrscheinlich ist es der Name des Stifters des Steines, der aus dem 17. oder 18. Jhd. stammt 

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